Blücher-Kaserne (Aurich)
Blücher-Kaserne (2013) | |||
| Land | Deutschland | ||
| Status | seit 2013/2014 aufgegeben | ||
| Gemeinde | Aurich | ||
| Koordinaten: | 53° 28′ 44″ N, 7° 29′ 42″ O | ||
| Eröffnet | 1938–1942 | ||
Lage der Blücher-Kaserne in Niedersachsen | |||
Die Blücher-Kaserne war ein Standort der Bundeswehr in der ostfriesischen Stadt Aurich (Landkreis Aurich). Die Kaserne lag östlich der Innenstadt auf dem ehemaligen Gelände der 1937 gegründeten Marinenachrichtenschule Aurich. Von 1960 bis 2013 war die 4. Luftwaffen-Division auf dem rund 40 Hektar großen Areal beheimatet. Zu Spitzenzeiten waren am Standort Aurich ungefähr 2000 Soldaten stationiert. Zudem arbeiteten dort etwa 700 Zivilisten. Im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr wurden zum 30. Juni 2013 die Luftwaffendivisionen aufgelöst und die unterstellten Verbände zum 1. Juli 2013 direkt dem Kommando Einsatzverbände Luftwaffe in Köln-Wahn unterstellt.[1] Die letzten rund 100 Soldaten verließen die Bundeswehr oder wurden von ihr an andere Standorte oder versetzt. Einige Soldaten verblieben bis Ende März 2014 in Aurich, ehe sie in den Ruhestand traten.
Geschichte
Mit Ausnahme von etwa 300 Angehörigen der Österreichischen Legion waren in Aurich nach 1933 zunächst keine Soldaten stationiert. In den folgenden Jahren bemühte sich die Stadt mehrfach und sowohl beim Heer als auch bei der Luftwaffe um die Ansiedlung militärischer Einheiten, blieb dabei jedoch zunächst erfolglos.[2] Als sich im Zuge des Flottenausbaus ein erhöhter Bedarf an Tastfunkern abzeichnete,[2] teilte die Marinestation Nordsee dem Landrat im Februar 1938 mit, dass Aurich als Standort für eine neue Marine-Nachrichtenschule geprüft werde.[3]
Die Marine erwarb schließlich das Kasernenareal. Die Stadt übernahm alle Erschließungskosten. Sie ließ Gas-, Wasser- und Abwasserleitungen verlegen. Außerdem wurde eine sechs Meter breite Straße gebaut. Diese war für schwere Lkw geeignet und diente damit auch der Versorgung des Lagers (heutige Skagerrakstraße).[4]
Die Gebäude auf dem Kasernengelände entstanden unter großem Zeitdruck. Das führte zu baulichen Mängeln. So wurden bei den Wasser- und Fernwärmeleitungen Rohre von geringer Qualität sowie mit knapp bemessenem Durchmesser verwendet. Die nicht befestigten Dachpfannen wurden bei Stürmen regelmäßig großflächig beschädigt, und eine Dachdämmung war nicht vorhanden.[5] Bis zum Winter 1939/40 waren drei Kasernenblocks errichtet. Vermutlich wurde bis 1942 die gesamte ursprüngliche Anlage fertiggestellt.[4] Das Gelände wurde anschließend von der Stadt Aurich eingemeindet.[4]
Im vorderen Abschnitt der Skagerrakstraße entstanden außerhalb des Kasernenareals Wohnungen für verheiratete Offiziere. Das Gebäude an der Skagerrakstraße 6 war das Haus des Kommandanten. Zudem wurden rund 70 bis 75 Wohnungen für Unteroffiziere errichtet, die überwiegend als Zwei-, Zweieinhalb- oder Dreizimmerwohnungen ausgeführt waren.[4]
Am 4. August 1938 erließ die Marine den Befehl zur Aufstellung der 1. Kompanie. Deren erste Kompanie zog am 1. Oktober 1938 unter großer Beteiligung der Bevölkerung in die neu gegründete Marinenachrichtenschule ein. Unmittelbar danach begann die Ausbildung. Neben der Fernmeldeschule Mürwick bei Flensburg wurde hier der Nachwuchs an Funkern und Fernmeldern ausgebildet. Da die Gebäude der Kaserne noch nicht fertiggestellt waren, wurden die Soldaten zunächst im ehemaligen Lehrerseminar der Stadt untergebracht.[4]
Bis 1943 wuchs die Schule auf zehn Kompanien, was einem Schülerdurchlauf von 4500 entsprach. Von diesen waren der Schulstab und 6 Kompanien auf dem Kasernengelände untergebracht und der Rest weiterhin im ehemaligen Lehrerseminar sowie in Baracken außerhalb, unter anderem auf dem Ellernfeld.[4]
Am Ende des Zweiten Weltkriegs war das nördliche Ostfriesland einer der letzten von der Wehrmacht gehaltenen Bereiche. Die Teilkapitulation der Wehrmacht für Nordwestdeutschland, Dänemark und die Niederlande, die den aussichtslosen militärischen Widerstand beendete, wurde am 4. Mai 1945 in Lüneburg unterzeichnet und trat am 5. Mai 1945 um 8:00 Uhr in Kraft. Noch am späten Abend endeten die Kampfhandlungen in Aurich. Es folgte ein Rückzug der Soldaten aus ihren Stellungen. Sie versammelten sich bis zum 5. Mai in der Auricher Kaserne. An diesem ersten Tag des Waffenstillstands trafen der Kommandeur der 3. kanadischen Division, Generalmajor Keefler, und der Kommandeur der 8. Brigade, Brigadier Roberts, mit einem Ehrengeleit aus Militärpolizisten und einem Funkwagen zur offiziellen Übernahme der Stadt in der Marinenachrichtenschule ein. Da kein bevollmächtigter deutscher Offizier, sondern lediglich Leutnant zur See Fischer anwesend war, erfolgte die Übergabe lediglich formlos. Die in Aurich konzentrierten Soldaten mussten ihre Waffen abgeben.[6] Am 6. Mai 1945 folgte der Einmarsch der 8. kanadischen Brigade.[6]
Die Kanadier übergaben die Kaserne 1946 an die Briten. Diese überließen es der 1. Polnischen Panzerdivision, die aus dem Emsland verlegt wurde. Nach dem Abzug der Polen 1947 ging das Gelände wieder an die Briten, die hier jedoch keine eigenen Truppen stationierten, sondern die Kaserne einer dänischen Brigade überließen.[4]
Am 13. September 1949 beschloss der Befehlshaber der Britischen Rheinarmee, die Kaserne in ein DP-Umsiedlungslager mit einer Kapazität von 2.000 bis 2.500 Plätzen umzuwandeln. Dieses wurde trotz des Protestes der Auricher Politik, die ihrerseits mit einem starken Wohnungsmangel zu kämpfen hatte, am 15. April 1950 eröffnet. Bis zur Auflösung des Lagers Ende 1952 wurden rund 40.000 Auswanderer durch das Lager geschleust. Anschließend diente das Gelände von 1953 bis 1959 als Durchgangslager für aus der DDR-Geflüchtete. Das vom Land Nordrhein-Westfalen betriebene Lager hatte eine Kapazität von 4.200 Personen.[4]
Ab dem 1. Juli des Jahres wurden die einzelnen Blöcke nach und nach an die Bundeswehrverwaltung übergeben.[4]
Noch im selben Jahr wurde Aurich wieder Standort der Bundeswehr[3] und anschließend weiter ausgebaut. Zwischen Ende 1960 und Juni 1961 erfolgte die Verlegung des Divisionsstabes der 4. Luftverteidigungs-Division und der Stabskompanie von Münster nach Aurich. 1962 folgte die Stationierung eines Fernmelderegimentes in Aurich. Zu Spitzenzeiten waren in der Kaserne rund 2000 Soldaten stationiert sowie 700 Zivilisten beschäftigt.[4]
Mit dem Auszug der Bundeswehr im April 2014 erfolgte die Aufgabe des Standortes der Luftwaffendivision. Von Januar 2016 bis Februar 2017 mietete das Land Niedersachsen einen Großteil des Kasernenareals und brachte dort Geflüchtete unter.[7] Seither plant die Stadt Aurich, das Gelände in ein nachhaltiges Wohnquartier umzuwandeln. Entstehen sollen etwa 1.000 Wohnungen für 2.000 Personen. Derzeit sind etwa zwei Drittel der geplanten Kosten durch Fördermittel gedeckt.[8] 2023 kaufte ein Investor einen Großteil der Gebäude und Flächen für Ausbau und Sanierung. Die Stadt erwarb die Grünflächen, Straßen und Wege.[9]

Für andere Teile der ehemaligen Kaserne gibt es weitere Nutzer: In der ehemaligen Kleiderkammer der Kaserne betreibt die Ostfriesische Landschaft seit 2023 das Sammlungszentrum für historisches ostfriesisches Kulturgut. Im ehemaligen Kreiswehrersatzamt soll ein Pflegeheim entstehen. Derzeit ist es unbefristet an den Landkreis Aurich vermietet, dass hier Geflüchtete unterbringt. Das ehemalige Offiziersheim bleibt ebenso im Besitz des Bundes wie eine Fläche am Sportplatz, wo ein Verwaltungsgebäude des Bundesverwaltungsamtes für 400 Mitarbeiter entstehen soll.[10]
Literatur
- Rudolf Nassua: Die Geschichte der Auricher Blücher-Kaserne: von der Planung 1938 bis 2013. Herausgegeben vom Historischen Museum Aurich. Aurich 2013
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Historischer Rückblick. Artikel zur Geschichte der 1. Luftwaffendivision auf der Homepage der Deutschen Luftwaffe, 7. Juli 2009, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 15. Februar 2013; abgerufen am 18. Juni 2010.
- ↑ a b Das sowjetische Kriegsgefangenenlager in Aurich-Tannenhausen und die Kriegsgräberstätte „Zum Ewigen Meer“. auf der Webseite des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge.
- ↑ a b Geschichte der Blücher-Kaserne | Kaserne Aurich. Abgerufen am 22. Juli 2025.
- ↑ a b c d e f g h i j Blücher-Kaserne. Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept & Vorbereitende Untersuchungen. (PDF) In: Stadt Aurich. Stadt Aurich, 10. April 2010, abgerufen am 22. Juli 2025.
- ↑ Stadt Aurich: Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept (ISEK) mit vorbereitenden Untersuchungen zum Bebauungsplan Nr. 393 – Ehemalige Blücher-Kaserne. Aurich 2015, S. 11, (PDF; 22 MB).
- ↑ a b Rudolf Nassua: Das Ende des Zweiten Weltkrieges in Aurich. (PDF) In: Ostfriesische Landschaft. Ostfriesische Landschaft, abgerufen am 22. Juli 2025.
- ↑ Ehemalige Blücher-Kaserne. (PDF) In: Blücher-Kaserne. Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, 27. Juni 2019, abgerufen am 22. Juli 2025.
- ↑ NWZonline.de: Blücher-Kaserne in Aurich: Nachhaltiges Wohnquartier geplant. 6. Juni 2025, abgerufen am 22. Juli 2025.
- ↑ NWZonline.de: Aurich kauft weitere Flächen in der ehemaligen Kaserne. 3. Juli 2023, abgerufen am 22. Juli 2025.
- ↑ NWZonline.de: Aurich kauft weitere Flächen in der ehemaligen Kaserne. 3. Juli 2023, abgerufen am 22. Juli 2025.
