Bultfonteinit

Bultfonteinit
Radialstrahlig-kugelige Aggregate aus nadeligen Bultfonteinitkristallen auf Matrix aus der Wessels Mine, Hotazel, Nordkap, Südafrika (Größe 7,6 cm × 6,5 cm × 3,9 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Bul[1]

Chemische Formel
  • Ca2SiO3(OH)F·H2O[2]
  • Ca2[7][F|SiO3OH]·H2O[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Inselsilikate (Nesosilikate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/A’.06b
VIII/B.22-040[4]

9.AG.80
52.04.07.02
Ähnliche Minerale Natrolith, Mesolith, Skolezit, Xonotlit
Kristallographische Daten
Kristallsystem triklin
Kristallklasse; Symbol triklin-pinakoidal; 1[5]
Raumgruppe P1 (Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2[3]
Gitterparameter a = 10,99 Å; b = 8,18 Å; c = 5,67 Å
α = 93,9°; β = 91,3°; γ = 89,8°[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4,5[6]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,73; berechnet: 2,74[6]
Spaltbarkeit gut nach {100} und {010}[6]
Bruch; Tenazität muschelig[6]
Farbe farblos, hellrosa
Strichfarbe weiß[4]
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz[6]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,587(2)[7]
nβ = 1,590(2)[7]
nγ = 1,597(2)[7]
Doppelbrechung δ = 0,010[7]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 70° (gemessen)[7]

Bultfonteinit (IMA-Symbol Bul[1]) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Zusammensetzung Ca2[7][F|SiO3OH]·H2O[3] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Calcium-Silikat mit zusätzlichen Fluorionen. Strukturell gehört Bultfonteinit zu den Inselsilikaten (Nesosilikaten).

Bultfonteinit kristallisiert im triklinen Kristallsystem und entwickelt nadelige bis prismatische Kristalle, die meist zu radialstrahligen bis kugeligen Mineral-Aggregaten bis etwa 2 cm Größe zusammentreten. In reiner Form ist Bultfonteinit farblos und durchsichtig mit einem glasähnlichen Glanz auf den Oberflächen. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterfehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß sein und durch Fremdbeimengungen eine hellrosa Farbe annehmen.

Etymologie und Geschichte

Bultfonteinit aus der Typlokalität Bultfontein Mine, Kimberley, Südafrika

Gefunden wurde Bultfonteinit erstmals 1903 oder 1904 von einem Bergmann namens Cann auf der 480-Fuß-Sohle der Diamantmine Bultfontein bei Kimberley. Einige Jahre später wurde das gleiche Mineral von C. E. Adams etwa eine halbe Meile von Bultfontein in der Dutoitspan-Mine gefunden und stellte seine Exemplare dem MacGregor-Museum in Kimberley zur Verfügung. Anfang der 1930er Jahre entdeckte auch der Untertage-Manager Miller der Jagersfontein-Mine in der Oranjefluss-Kolonie (englisch Orange River Colony) etwa 100 Meilen südöstlich von Kimberley.[8]

Nach der Erstbeschreibung des neuen Minerals Afwillit, erkannte dessen Namensgeber Alpheus Fuller Williams (1874–1953), dass einige Proben in seiner Sammlung sich von Natrolith unterschieden und es sich daher wahrscheinlich um ein neues Mineral handelte. Auf seinen Wunsch hin wurde das Material von John Parry (1863–1931[9]), Chemiker der De Beers Consolidated Mines, chemisch untersucht. Die kristallographischen und optischen Eigenschaften wurden von Frederick Eugene Wright bestimmt. Dabei stellte sich heraus, dass es sich tatsächlich um ein bisher unbekanntes Mineral handelte. Parry, Williams und Wright benannten das neu entdeckte Mineral nach dessen Typlokalität und veröffentlichten ihre Erstbeschreibung 1932 im Fachmagazin Mineralogical Magazine.[8]

Da der Bultfonteinit bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Bultfonteinit als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[2] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Bultfonteinit lautet „Bul“.[1]

Das Typmaterial des Minerals wird im Natural History Museum (NHM) in London unter der Inventarnummer BM 1928,78 aufbewahrt.[10]

Klassifikation

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Bultfonteinit zur Mineralklasse der „Silikate“ und dort zur Abteilung „Neso-Subsilikate“, wo er gemeinsam mit Afwillit, Birunit und Hillebrandit in der unbenannten Untergruppe mit der Systemnummer VIII/A’.06b innerhalb der „Spurrit-Afwillit-Gruppe“ steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VIII/B.22-040. Dies entspricht der Abteilung „Inselsilikate mit tetraederfremden Anionen“, wo Bultfonteinit zusammen mit Afwillit, Aradit, Galuskinit, Harrisonit, Hatrurit, Nabimusait, Nagelschmidtit, Olmiit, Poldervaartit, Silicocarnotit, Spurrit, Ternesit und Zadovit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer VIII/B.22 bildet.[4]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Bultfonteinit in die erweiterte Klasse der „Silikate und Germanate“, dort aber ebenfalls in die Abteilung „Inselsilikate (Nesosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit zusätzlicher Anionen und der Koordination der beteiligten Kationen. Das Mineral ist hier entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Inselsilikate mit zusätzlichen Anionen; Kationen in meist [6]er- und > [6]er-Koordination“ zu finden, wo es als einziges Mitglied eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer 9.AG.80 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Bultfonteinit die System- und Mineralnummer 52.04.07.02. Auch das entspricht der Klasse der „Silikate“ und dort der Abteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen und O, OH, F und H2O“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen und O, OH, F und H2O mit Kationen in [6] und/oder > [6]-Koordination“ in der Gruppe „Afwillit und verwandte Arten“, in der auch Afwillit, Hatrurit und Jasmundit eingeordnet sind.

Kristallstruktur

Bultfonteinit kristallisiert in der triklinen Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2 mit den Gitterparametern a = 10,99 Å; b = 8,18 Å; c = 5,67 Å; α = 93,9°; β = 91,3° und γ = 89,8° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Bildung und Fundorte

Bultfonteinit (nadelig, weiß) mit Olmiit (würfelig, hellbraun) aus der N'Chwaning-Mine II, Kalahari-Manganfelder, Südafrika

Bultfonteinit bildet sich in Dolerit- und Schieferfragmenten in Kimberlit-röhren wie beispielsweise an seiner Typlokalität Bultfontein in Südafrika, kann aber auch in der Kontaktzone thermisch metamorphosierter Kalksteine entstehen wie unter anderem in den Crestmore Steinbrüchen im Riverside County von Kalifornien. Als Begleitmineral können unter anderem Afwillit, Apophyllit, Calcit, Natrolith, Oyelith, Scawtit und Xonotlit auftreten.

Als seltene Mineralbildung konnte Bultfonteinit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei weltweit bisher knapp 30 Fundorte dokumentiert sind (Stand 2025).[12] Außer an seiner Typlokalität in der Bultfontein Mine sowie der nahe gelegenen Dutoitspan Mine bei Kimberley konnte das Mineral in der Provinz Nordkap noch in den N'Chwaning Minen bei Kuruman und der Wessel's Mine bei Hotazel im Kalahari-Manganerzgebiet (Kalahari Manganese Field) gefunden werden. Ansonsten trat Bultfonteinit in Südafrika nur noch in der Jagersfontein Mine nahe dem gleichnamigen Ort in der Provinz Freistaat auf.

Innerhalb von Europa kennt man das Mineral bisher nur aus dem Andesit-Steinbruch Vechec im Okres Vranov nad Topľou in der Slowakei sowie aus der oberen vulkanischen Chegem-Struktur (Verkhnechegemskaya Caldera) in der im Nordkaukasus gelegenen und zu Russland gehörenden Republik Kabardino-Balkarien.

Weitere Fundorte liegen unter anderem im Verwaltungsgebiet Benalla Rural City in Australien, Orapa in Botswana, Hexigten-Banner in China, der Hatrurim-Formation in Israel, Bitchū, Ise (Mie) und Ibara (Okayama) auf Honshū in Japan, im Daba-Siwaqa-Komplex des Gouvernements Amman in Jordanien, Lac de Gras in Kanada sowie in den USA außer den Crestmore Steinbrüchen in Kalifornien noch in der Franklin Mine bei Franklin (New Jersey).[12]

Siehe auch

Literatur

  • F. A. Bannister: Proceedings of societies: Mineralogical Society of Great Britain and Ireland. In: American Mineralogist. Band 17, 1932, S. 455, Mr. John Parry, Mr. Alpheus F. Williams and Dr. F. E. Wright: On Bultfonteinite, a new fluorine-bearing gydrous calcium silicate from South Africa. (englisch, rruff.info [PDF; 82 kB; abgerufen am 13. April 2025]).
  • John Parry, Alpheus F. Williams, F. E. Wright: On bultfonteinite, a new fluorine-bearing hydrous calcium silicate from South Africa. In: Mineralogical Magazine. Band 23, Nr. 138, 1932, S. 145–162 (englisch, rruff.info [PDF; 731 kB; abgerufen am 13. April 2025]).
  • W. F. Foshag: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 18, 1933, S. 32 (englisch, rruff.info [PDF; 68 kB; abgerufen am 13. April 2025]).
  • E. J. McIver: The structure of bultfonteinite, Ca4Si2O10F2H6. In: Acta Crystallographica. Band 16, Nr. 6, 1963, S. 551–558, doi:10.1107/S0365110X63001456 (englisch).
Commons: Bultfonteinite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 13. April 2025]).
  2. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2025. (PDF; 3,2 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2025, abgerufen am 13. April 2025 (englisch).
  3. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 558 (englisch).
  4. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. David Barthelmy: Bultfonteinite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 13. April 2025 (englisch).
  6. a b c d e Bultfonteinite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 80 kB; abgerufen am 13. April 2025]).
  7. a b c d e Bultfonteinite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 13. April 2025 (englisch).
  8. a b John Parry, Alpheus F. Williams, F. E. Wright: On bultfonteinite, a new fluorine-bearing hydrous calcium silicate from South Africa. In: Mineralogical Magazine. Band 23, Nr. 138, 1932, S. 145–162 (englisch, rruff.info [PDF; 731 kB; abgerufen am 13. April 2025]).
  9. L. J. Spencer: Biographical notices of mineralogists recently deceased (Fifth series). In: Mineralogical magazine and journal of the Mineralogical Society. Band 23, Nr. 141, Juni 1933, S. 337–366; hier: 356 (englisch, rruff.geo.arizona.edu [PDF; 5,1 MB; abgerufen am 13. April 2025]).
  10. Catalogue of Type Mineral Specimens – B. (PDF 373 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 13. April 2025 (Gesamtkatalog der IMA).
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  12. a b Fundortliste für Bultfonteinit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 11. April 2025.