Henri Vicariot

Das Foto zeigt einen Teil der Fassade eines vier- oder fünfgeschossigen Gebäudes mit Flachdach. Die Vorhangfassade ist dominiert von Glas und Metall. Die oberen drei Stockwerke enthalten offenbar Büroräume, wie man durch die Fensterbänder erkennen kann. Auf einem Vordach steht in großen Lettern „Orly Sud“, was das Gebäude als Flughafenterminal erkennbar macht.
Fassade des Flughafen­terminals Orly Süd (Bild: 2011)

Henri Vicariot (* 28. Mai 1910 in Limoges; † 6. Februar 1986 in Versailles) war ein französischer Architekt. Er war spezialisiert auf Flughäfen und Chefarchitekt des Flughafens Paris-Orly.

Leben

Henri Vicariot kam am 28. Mai 1910 in Limoges zur Welt.[1] Sein Vater war Eisenbahner. Vicariot studierte ab 1930 an der École polytechnique,[2] die er 1943 abschloss, und anschließend an der École nationale des ponts et chaussées (ENPC). Seine Abschlussarbeit an der ENPC von 1947 mit dem Titel Un élément d’aérogare (zum Flughafen Nizza) wurde mit Auszeichnung (mention très bien) beurteilt.[3] Zudem belegte er weitere Studiengänge am Institut d’Urbanisme der Universität Paris (1943–1945) sowie an der École nationale supérieure des beaux-arts de Paris (ENSBA, bis 1945).[2] Zu seinen Lehrern gehörten die Architekten Emmanuel Pontremoli und André Leconte.[3]

Nach Abschluss des Studiums trat er eine Stelle in der Direction des bases aériennes der Zivilluftfahrtbehörde Secrétariat général à l’aviation civile et commerciale (SGACC) an. Noch 1947 wurde er dem Flughafen Orly, damals Aéroport de Paris, zugeteilt, an dem im Wesentlichen seine gesamte weitere Karriere erfolgte und dessen Chefarchitekt er wurde.[2] 1965 wurde er Professor an der ENSBA.[3] Ab 1968 war er wissenschaftlicher Mitherausgeber der Zeitschrift L’Architecture française.[2]

Vicariot starb am 6. Februar 1986 im Alter von 75 Jahren in Versailles.[1]

Wirken

Foto eines ca. 55 Meter breiten und 40 Meter hohen, von Wiese und bewaldeter Landschaft umgebenen Baus, dessen dem Fotografen zugewandte Fassade in voller Breite und Höhe einen riesigen Parabolspiegel bildet. Auf der dem Spiegel abgewandten Seite ist eine von Glas dominierte Vorhangfassade zu erkennen.
Konzentratorbau des Sonnenofens von Odeillo (Bild: 2010)

Vicariots Schaffen umfasst öffentliche Gebäude, insbesondere Flughäfen, sowie Kunstbauten. Ein besonderer Schwerpunkt seines Werks liegt auf dem Flughafen Paris-Orly, für den er fast alle der in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten Bauten verantwortete. Insbesondere gehört hierzu das von 1957 bis 1961 erbaute Terminal Orly Süd. Nach einer Reise in die Vereinigten Staaten übernahm er zahlreiche dort angewendete Praktiken, sowohl im Bereich von Technik, Materialien und stilistischer Gestaltung – etwa die Vorhangfassade und die Verwendung von getöntem Glas, Edelstahl und eloxiertem Aluminium – als auch unter anderem bezüglich des Risikomanagements für Bauprojekte.[4]

Als international anerkannter Experte für den Flughafenbau[4] war er auch maßgeblich am Bau anderer Flughäfen in Frankreich (Limoges, Clermont-Ferrand, Toulouse, Nizza) sowie im Ausland (Beirut 1953 und 1981, Damaskus 1965–1969, Lissabon und Istanbul) beteiligt.[2] Andere von Vicariot errichtete Bauten sind das Konzentratorgebäude des Sonnenofens von Odeillo und der Bahnhof La Défense im Westen des Großraums Paris.[4][5]

Ehrungen und Auszeichnungen

Vicariot war Träger des Croix de guerre. 1960 wurde er in die Académie d’architecture aufgenommen, wo er den Sitz von Henri Prost (1874–1959) einnahm. Er war Ritter und später Offizier der Ehrenlegion, zudem Commandeur des Ordre national du Mérite, Offizier des Ordre des Arts et des Lettres und Träger der Médaille de l’Aéronautique sowie der Médaille d’architecture monumentale der Académie d’architecture, die er 1968 verliehen bekam.[3]

Einzelnachweise

  1. a b Eintrag zu Henri Vicariot in Fichier des personnes décédées (französisch).
  2. a b c d e Vicariot, Henri (1910-1986). In: Centre d’archives d’architecture contemporaine. Cité de l’architecture et du patrimoine, abgerufen am 30. August 2025 (französisch).
  3. a b c d Marie-Laure Crosnier Leconte: Vicariot, Henri. In: Dictionnaire des élèves architectes de l’École des beaux-arts de Paris (1800–1968). Institut national d’histoire de l’art, abgerufen am 30. August 2025 (französisch).
  4. a b c Vicariot Henri. Association Française de Génie Civil, abgerufen am 30. August 2025 (französisch).
  5. Fernand Lot: L’énergie solaire. In: Revue des Deux Mondes. 1. Dezember 1969, S. 699–705, JSTOR:44600297 (französisch).