Olivia Schneider
Olivia Schneider (* 1996 bei Pirna, Sachsen) ist eine deutsche Influencerin, Künstlerin und Sozialarbeiterin. Sie bezeichnet sich selbst als „Ostfluencerin“ und wurde durch humorvolle Kurzvideos und Alltagsaufnahmen aus Ostdeutschland auf Instagram bekannt.[1] Ihre Beiträge finden vor allem in den Medien und sozialen Netzwerken zunehmend Beachtung.[2]
Leben und Ausbildung
Olivia Schneider wuchs in der Sächsischen Schweiz auf und studierte zunächst Bildende Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, wo sie ihr Diplom erwarb. Anschließend absolvierte sie ein Studium der Sozialen Arbeit an der TU Dresden. Ihre Bachelorarbeit behandelte die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland. Während ihres Kunststudiums war sie Mitbegründerin des studentischen Kollektivs „Polizeiklasse Dresden“, das sich kritisch mit dem sächsischen Polizeigesetz auseinandersetzte. Heute lebt und arbeitet sie in Dresden als Sozialarbeiterin, unter anderem mit psychisch erkrankten Menschen.[3]
Tätigkeit
Mit knapp 40.000 Followern präsentiert Schneider sich auf Instagram als „Ostfluencerin“, indem sie Videos aus dem ostdeutschen Alltag teilt – von skurrilen DDR-Rezepten bis zu landestypischen Orten.[4]
- DDR‑Kochklassiker: Schneider adaptiert ikonische Rezepte aus historischen DDR‑Kochbüchern – vor allem „Wir kochen gut“[5] – in vegetarischer oder veganer Variante. Zu ihren bekanntesten Gerichten zählen etwa Bautz’ner Senf‑Eis, der „Würstchen‑Max“ im Aspik oder der sogenannte „Birnen‑Igel“. Diese ästhetisch aufbereiteten Beiträge können im Sinne der „Food Art“ verstanden werden: Sie inszenieren kulinarische Alltagsobjekte ostdeutscher Herkunft und reflektieren zugleich mit ironischem Unterton Fragen nach Erinnerungskultur, Konsumgeschichte und Identität.[6][7]
- Alltagsleben im Osten: Schneider dokumentiert typische ostdeutsche Orte wie Beton- oder Plattenbauten, kleine Eiscafés, Dorfkonsum oder ostdeutsche Waschbeton‑Flächen. Ihre Videos zeichnen ein ambivalentes Bild – zwischen trivialisierenden Versatzstücken und einer nostalgischen ästhetischen Reflexion mit kritischem Unterton.[8]
- Regionale Orte: Schneider nutzt Instagram gezielt, um regionale Besonderheiten des ostdeutschen Alltags hervorzuheben – etwa den Urzeitpark Sebnitz mit seinen nostalgischen Dinosaurierfiguren, typische Dorfkonsums oder kleine, individuell geführte Eiscafés wie in Nossen – stets mit einem ambivalenten, teils ironischen Blick auf Ostarchitektur und dörfliche Lebenswelten.[9] Gleichzeitig setzt sie sich für lokale Initiativen ein, die sich für eine offene, vielfältige Gesellschaft starkmachen: Sie würdigt und unterstützt bewusst alternative Kulturorte und subkulturelle Projekte im ländlichen Osten als Ausdruck zivilgesellschaftlichen Engagements.[10]
Im Juni 2025 beteiligte sich Olivia Schneider am #3000Garagen‑Festival in Chemnitz, das im Rahmen des Kulturhauptstadtjahrs stattfand. Zusammen mit lokalen Teilnehmern produzierte sie symbolisch „30 kg Senf“ für eine Stadtwette – ein partizipatives Kunstformat, das den Gemeinschaftsaspekt Chemnitzer Garagenkultur betonte.[11]
Wirkung
Schneider beschreibt ihre Motivation als bewussten Versuch, ostdeutsche Identität humorvoll und positiv zu besetzen – jenseits von DDR‑Nostalgie oder rechtspopulistischen Narrative.[12] Sie hinterfragt Stereotype wie „rechts“ oder „rückständig“ und will ein vielfältiges Bild zeigen, das auch antifaschistische Initiativen und regionale Unterschiede einschließt.[13]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Celina Kintopp: Ostfluencerin tumvlt aus Dresden begeistert Zehntausende. 4. Juli 2025, abgerufen am 9. Juli 2025.
- ↑ Olivia Schneider: Sie will Ostdeutschland cooler machen. 4. Oktober 2024, abgerufen am 9. Juli 2025.
- ↑ Charlotte Köhler, Christoph Farkas: Aufwachsen in Ostdeutschland: Was liebst du am Osten, Olivia Schneider? In: Die Zeit. 10. Juni 2025, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 9. Juli 2025]).
- ↑ mdr.de: La ostdeutsche Vita: Wie eine Influencerin den Blick auf den Osten verändert | MDR.DE. Abgerufen am 9. Juli 2025.
- ↑ Wir kochen gut: mehr als 1000 erprobte Rezepte für den Haushalt, zusammengestellt unter Berücksichtigung der modernen Ernährungslehre. 10. Auflage der Reprintausgabe. BuchVerlag Leipzig, Leipzig 2024, ISBN 978-3-89798-680-0.
- ↑ Emilia Stemmler: »Ich möchte mit meinem Content den anderen Osten zeigen«. 21. Mai 2025, abgerufen am 9. Juli 2025.
- ↑ Henry Berndt: „Ostfluencerin“ Olivia Schneider über positives Erinnern an die DDR und Rezepte mit Walfleisch. 5. Juli 2025, abgerufen am 9. Juli 2025.
- ↑ dpa: Aufwachsen im Osten: "Ostfluencerin" Olivia Schneider: Genervt von DDR-Nostalgie. In: Die Zeit. 10. April 2025, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 9. Juli 2025]).
- ↑ Pia Stendera, Simon Gerlinger: Olivia Schneider: "Ich erträume mir ja nicht, in der DDR zu leben". In: Die Zeit. 26. August 2024, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 9. Juli 2025]).
- ↑ Paula Meister: Ostdeutsche Identität: La „Ostdolce Vita“. In: Die Tageszeitung: taz. 29. August 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 9. Juli 2025]).
- ↑ mdr.de: Ost-Influencerin gewinnt Senf-Wette bei Garagenfestival in Chemnitz | MDR.DE. Abgerufen am 9. Juli 2025.
- ↑ „Ostfluencerin“ Olivia Schneider genervt von DDR-Nostalgie. 10. April 2025, abgerufen am 9. Juli 2025.
- ↑ Interview: Sebastian Bähr: Olivia Schneider: »Der Osten ist vielfältiger«. Abgerufen am 9. Juli 2025.