St. Elisabeth (Bonn)

St. Elisabeth in Bonn (2024)
NaSt. Elisabeth, Luftaufnahme (2014)

St. Elisabeth ist eine römisch-katholische Pfarrkirche in der Südstadt von Bonn. Die Kirche ist der heiligen Elisabeth von Thüringen geweiht. Sie steht als Baudenkmal unter Denkmalschutz.[1]

Geschichte

Schon bei der Planung des Südstadtviertels wurde ein rechteckiges, leicht erhöhtes Grundstück für den Bau einer katholischen Kirche vorgesehen. Geplant wurde der Bau der Elisabethkirche als Filialkirche des Bonner Münsters zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Nach Ausschreibung eines Wettbewerbs im Jahr 1901 erhielt mit dem Mainzer Dombaumeister Ludwig Becker einer der profiliertesten Kirchenarchitekten seiner Zeit 1906 den Zuschlag, eine neoromanische Kirche zu entwerfen, in der 2200 Gläubige Platz finden sollten. Der Auftrag umfasste auch den angrenzenden Pfarrhauskomplex, die Vergabe der Arbeiten und die Überwachung der Bauausführung.[2]

Nachdem im November 1906 der Grundstein gelegt worden war, war bereits 1908 der Rohbau fertiggestellt. Die nachfolgende Ausgestaltung des Innenraumes war ebenfalls Ludwig Becker überantwortet. Allerdings hatten der Kirchvorstand und der Pfarrer ein vertraglich vereinbartes Mitspracherecht bei der Auswahl der Künstler für die Innenausstattung. An der Innengestaltung waren rheinische Künstler beteiligt, aber auch Maler und Bildhauer wie Georg Busch und die Brüder Matthias und Heinrich Schiestl.

1910 wurde die Kirche mit dem Patrozinium der Hl. Elisabeth in Gebrauch genommen, 1912 wurde sie geweiht, nachdem sie zur eigenständigen Pfarrkirche erhoben worden war.

1969 entstand in der Vierung eine hölzerne, gestufte Altaranlage mit Zelebrationsaltar.[3]

Nachdem sich Montfortaner Patres 1954 in der Bonner Südstadt angesiedelt hatten, wurde ihnen 1961 die Seelsorge an St. Elisabeth übertragen. Seit 1976 befand sich dort auch das Provinzialat der neu gegründeten deutschen Ordensprovinz.[4]

Die Elisabethkirche war bis 2005 Bischofskirche des Deutschen Militärordinariats. Nach dem Umzug des Militärordinariats nach Berlin hat die dortige Johannes-Basilika diese Funktion übernommen.

Architektur und Ausstattung

Innenansicht von St. Elisabeth
Altarraum und Radleuchter

Die Elisabethkirche ist eine freistehende geostete dreischiffige Basilika mit zwei Querhäusern, oktogonalem Vierungsturm, Chorflankentürmen und von Treppentürmchen flankiertem Westturm. Die Portalfassade mit dem Hauptturm ist als repräsentativer Westbau gestaltet. Die halbrunde Apsis wird von zwei Seitenapsiden flankiert. Das Mittelschiff erhält sein Licht durch die dreiteiligen Obergadenfenster.[5]

Außen- und Innenarchitektur wirken wie ein Ideal einer Kirche der rheinischen Spätromanik; der Umgang mit möglichen Vorbildern wie St. Aposteln in Köln oder St. Nikolaus der Abtei Brauweiler machen die Elisabethkirche jedoch zu einem Bau des späten Historismus. Während Chor und Westfassade bei romanischen Kirchen jeweils in sich geschlossen wirken, fügen sich die Baukuben von St. Elisabeth in ihrer Höhenstaffelung zu einer harmonischen Silhouette. Auch das ausgewogene Verhältnis von horizontalen und vertikalen sowie von steinsichtigen und verputzten Baugliedern trägt zu diesem Eindruck bei. Anders als bei den genannten romanischen Bauten überziehen vielfältige Dekorationsmotive wie Lisenen, Friese und Gesimse die Fassaden und heben sich steinsichtig von der weißen Fassade ab. Dabei wurde auf eine konsequente Variation der dekorativen Elemente Wert gelegt: auf jeder Seite sind z. B. die Friese unterschiedlich gestaltet, obwohl sie auf den ersten Blick symmetrisch wirken.[6]

Die Südseite der Kirche bildet zusammen mit den relativ niedrigen Pfarrhausbauten einen dreiseitig umschlossenen Hof. Die Pfarrhausbauten ordnen sich dabei dem Sakralbau unter und wurden bereits bei der Planung der Kirche miteinbezogen, sodass eine besondere Blickachse auf den Vierungsturm entstehen konnte.

Der Innenraum der Kirche imponiert wie die Außenansicht durch seine Geschlossenheit und Überschaubarkeit und ist reich ausgestattet. Das Relief der Wände wirkt hier dank stärker hervortretender Ornamente und ihrer Schatten plastischer als außen. Einen Beitrag dazu liefert auch die umfangreiche Bauplastik. Beispielhaft genannt seien an der Außenseite die Tympana am Haupt- und nördlichen Querhausportal mit Christus als Gutem Hirten bzw. St. Martin, dem Patron der Mutterpfarre, im Innenraum die mächtigen Engelstatuen zwischen den Apsisfenstern.[6]

Von den ursprünglichen Fenstern sind nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg nur noch wenige erhalten. Die von Heinrich Oidtmann aus Linnich 1909 bis 1918 geschaffene Verglasung tauchte den Raum in ein gleichmäßiges Dämmerlicht. Dagegen dürfte der heutige Ersatz durch getönte Notverglasung das Mittelschiff deutlich heller wirken lassen. Der Chorraum ist durch blaues Glas verdunkelt. Von dem Apostelzyklus in den Seitenschiffen ist nur das Fenster mit dem hl. Jakobus an der Nordseite erhalten. Original sind auch die Fenster im nördlichen Querschiff, deren obere drei Szenen aus dem Leben der hl. Elisabeth zeigen, sowie die kleinen Fenster der anschließenden Taufnische.[6]

Bemerkenswert sind weiterhin neben den zum Chor hin zunehmend prächtiger ausgeführten Wand- und Gewölbemalereien, dem Radleuchter in der Vierung, der Taufstein-Nische und der Kanzel die Altäre:

  • der Elisabeth-Altar im nördlichen Seitenchor aus dem Jahre 1915,
  • der Marienaltar vor dem nordöstlichen Vierungspfeiler,
  • der Hochaltar mit einer Kreuzigungsgruppe von 1912,
  • der Josephsaltar vor dem südöstlichen Vierungspfeiler von 1922,
  • der Herz-Jesu-Altar im südlichen Seitenchor von 1918 und
  • der Antoniusaltar an der Südwand der mittleren Eingangshalle von 1919.

Während die polychromierten Altarfiguren aus Holz geschnitzt sind, handelt es sich bei denen des Kreuzwegs – zehn wurden in die Westseiten der Langhauspfeiler eingelassen, die XI. bis XIV. befinden sich vor bzw. in der Herz-Jesu-Kapelle an der Südwand – um vollplastische Figurengruppen aus hellem Sandstein.[2]

Der Architekt Ludwig Becker hat die meisten Ausstattungsstücke, auch die Empore und den Orgelprospekt, durch zwischen 1906 und 1918 erstellte Zeichnungen selbst entworfen. Obwohl sie dann von verschiedenen Künstlern realisiert wurden, bilden alle eine Stileinheit untereinander und mit der Architektur. Gemeinsam sind ihnen die der spätromanischen Kunst entlehnten, durchweg prächtig ausgeführten dekorativen Motive wie kurze Säulchen, Dreipassbögen, Ranken und Blattornamente.[6]

Aus dem Rahmen fällt die Pietà in der Nordwand der Eingangshalle, eins der wenigen Ausstattungsstücke, die nach dem Ersten Weltkrieg noch in die Kirche aufgenommen wurden. Geschaffen 1939 von Hans Faulhaber, dem Künstler der oben erwähnten Tympana über Haupt- und nördlichem Querhausportal, steht sie dem Expressionismus nahe und dient heute dem Andenken der Opfer von Krieg und Gewalt. Der moderne, in der Vierung stehende, nachkonziliare Zelebrationsaltar mit Ambo und Sedilien von Hein Gernot aus Köln wurde im Rahmen einer Instandsetzung des Kircheninneren 1969 bis 1971 erstellt.[6]

Klais-Orgel

Klais-Orgel von 1910/13

Die Orgel von St. Elisabeth wurde in den Jahren 1910 bis 1913 von der Orgelbaufirma Johannes Klais (Bonn) im deutsch-romantischen Stil erbaut. Vorgesehen war zunächst ein zweimanualiges Instrument mit 32 Registern. Im Jahre 1909 wurde dann der Bau eines dreimanualigen Instruments mit 48 Registern in Auftrag gegeben. Während der Bauzeit wurde die Planung erweitert, und zwar um eine Chororgel mit elf Registern, spielbar vom vierten Manual des Generalspieltisches aus. Vorbild für diese Orgelanlage aus Hauptorgel auf der Westempore und Chororgel hinter dem Hochaltar war wohl die zu der Zeit gerade errichtete große Orgelanlage des Erfurter Doms.

Im Jahre 1911 wurde die Hauptorgel mit 48 Registern fertiggestellt. Erst im Jahre 1989 wurde die Orgelanlage entsprechend der ursprünglichen Planung „komplettiert“, als die Chororgel als Fernwerk nach den Plänen von 1910 unter Verwendung von originalen Orgelteilen aus der damaligen Zeit errichtet wurde. Im Jahre 1990 wurde die Hauptorgel restauriert und im Jahre 2002 mit einer elektro-pneumatischen Setzeranlage ausgestattet. Das Gehäuse der Hauptorgel geht auf die Planung von Ludwig Becker zurück, die Bildhauerarbeiten stammen von Georg Busch, der auch den Herz-Jesu-Altar geschaffen hatte. Das Fernwerk (Chororgel) wurde hinter dem Hochaltar installiert.[7] Die Orgelanlage hat heute insgesamt 59 Register auf vier Manualen und Pedal. Die Spiel- und Registertrakturen sind pneumatisch.[8]

Hauptwerk C–g3 (g4)
1. Bordun 16′
2. Principal 8′
3. Gamba 8′
4. Gemshorn 8′
5. Flauto amabile 8′
6. Doppelflöte 8′
7. Flöte (= Nr. 37) 8′
8. Octave 4′
9. Hohlflöte 4′
10. Cornett III-IV
11. Rauschquinte II
12. Mixtur IV
13. Trompete 8′
II. Manual C–g3
14. Quintatön 16′
15. Principal amabile 8′
16. Viola 8′
17. Dolce 8′
18. Unda maris 8′
19. Gedeckt 8′
20. Geigenprincipal 4′
21. Rohrflöte 4′
22. Piccolo 2′
23. Cornettino III
24. Horn 8′
III Schwellwerk C–g3 (g4)
25. Lieblich Gedackt 16′
26. Hornprincipal 8′
27. Salicional 8′
28. Aeoline 8′
29. Vox coelestis 8′
30. Bordunalflöte 8′
31. Fugara 4′
32. Flauto traverso 4′
33. Flautino 2′
34. Echomixtur III
35. Oboe 8′
Hochdruck-Register
36. Violine 8′
37. Flöte 8′
38. Tuba mirabilis 8′
IV Fernwerk C–g3 (g4)
39. Bordun 16′
40. Viola 8′
41. Unda maris 8′
42. Vox angelica 8′
43. Philomela 8′
44. Nachthorn 8′
45. Violine 4′
46. Spitzflöte 4′
47. Flageolet 2′
48. Harmonia aeth. III
49. Vox humana 8′
Tremolo
Pedal C–f1
50. Contrabass 16′
51. Violon 16′
52. Subbass 16′
53. Salicetbass 16′
54. Echobass (= Nr. 25) 16′
55. Quintbass 1023
56. Violonprincipal 8′
57. Flötenbass 8′
58. Bassoctav 4′
59. Posaune 16′
  • Koppeln
    • Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, IV/I, I/P, II/P, III/P, IV/P
    • Suboktavkoppeln: II/I, IV/I, IV/IV
    • Superoktavkoppeln: I/I, III/I, III/II, IV/I, IV/IV
  • Spielhilfen: zwei freie Registraturen, vier feste Registraturen (p, mf, f, tutti), Auslöser, Registercrescendo, Generalkoppel, diverse Absteller, Melodiekoppeln I/II

Glocken

Im Turm der Kirche hängen vier Bronzeglocken, die 1908 von dem Glockengießer Carl Maximilian Hubert Edelbrock (Gescher) gegossen wurden. Die Glocken sind in schweren Rippen ausgeführt. Die Glocken gehören zur Erstausstattung der Kirche und haben Denkmalwert.

Nr.
 
Name
 
Gussjahr
 
Gießer, Gussort
 
Durchmesser
(mm)
Masse
(kg)
Schlagton
(HT-1/16)
1 Joseph 1908 Carl Maximilian Hubert Edelbrock, Gescher 1.594 2.750 c1 +1
2 Gertrud 1.330 1.500 es1 ±0
3 Elisabeth 1.176 1.100 f1 +2
4 Kunigunde 1.035 700 g1 +4

Pfarrer

Zeitraum Pfarrer Bemerkungen
1910–1951 Pfarrer Dr. Bernard Custodis[9]
1951–1961 Pfarrer Josef Mager
1961–1969 Pfarrer Pater H. Hendriks SMM
1969–1982 Pfarrer Pater Peter van Eunen SMM 1976 Einrichtung des deutschen Provinzialates der Montfortaner
1982–2010 Pfarrer Pater Edmund Jäckel SMM 2008–2010 als Subsidiar
2008–2012 Pfarrer Ulrich Weeger Pfarrer des Pfarrverbandes Bonn-Süd
2012–2020 Pfarrer Pater Jacek Styrczula SDB Pfarrer des Pfarrverbandes Bonn-Süd
2020–2022 Pfarrer Georg Pützer Pfarrverweser des Pfarrverbands Bonn-Süd
seit 2024 Pfarrer Tobias S. Menke Pfarrer des Pfarrverbands Bonn-Süd

Literatur

  • Wilhelm Passavanti (Hrsg.): Bonner Kirchen und Kapellen. Ferd. Dümmler Verlag, Bonn 1989, ISBN 3-427-85031-5, S. 63–67.
  • Andreas Denk, Ingeborg Flagge: Architekturführer Bonn. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-496-01150-5, S. 40.
  • Josef Herberg (Hrsg.): Kirchen in Bonn. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2011, ISBN 978-3-86568-237-6, S. 78–84.
  • Peter Jurgilewitsch, Wolfgang Pütz-Liebenow: Die Geschichte der Orgel in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis. Bouvier Verlag, Bonn 1990, ISBN 3-416-80606-9, S. 64–67. [noch nicht für diesen Artikel ausgewertet]
Commons: Elisabethkirche (Bonn) – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 11, Nummer A 326
  2. a b Thomas Mertz: Die Kirche Sankt Elisabeth in Bonn. Hrsg.: Kath. Pfarrgemeinde St. Elisabeth Bonn. Bonn.
  3. Informationen zur Geschichte der Kirche (Memento vom 30. März 2016 im Internet Archive) auf der Website der Gemeinde
  4. Norbert Schloßmacher: Geschichte der Pfarrgemeinde St. Elisabeth. In: Josef Herberg (Hrsg.): Kirchen in Bonn. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2011, ISBN 978-3-86568-237-6, S. 78.
  5. Bernhard Suehling: Kirche - Katholische Pfarrgemeinde St. Elisabeth Bonn. Archiviert vom Original am 30. März 2016; abgerufen am 11. September 2025 (englisch).
  6. a b c d e Walter Geis: Die Kirche St. Elisabeth in Bonn. In: Josef Herberg (Hrsg.): Kirchen in Bonn. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2011, ISBN 978-3-86568-237-6, S. 79–84.
  7. Nähere Informationen zur Orgel auf der Website der Erbauerfirma; abgerufen am 1. September 2011.
  8. Zur Disposition, abgerufen am 1. September 2011.
  9. Kurzbiographie von Pfarrer Dr. Bernard Custodis im Bonner Stadtlexikon

Koordinaten: 50° 43′ 21,4″ N, 7° 6′ 28,8″ O