Tataupatinamu

Tataupatinamu

Tataupatinamu In Piraju, São Paulo, Brasilien

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Unterklasse: Urkiefervögel (Palaeognathae)
Ordnung: Steißhühner (Tinamiformes)
Familie: Steißhühner (Tinamidae)
Gattung: Glatt-Taos (Crypturellus)
Art: Tataupatinamu
Wissenschaftlicher Name
Crypturellus tataupa
(Temminck, 1815)
Verbreitungsgebiet des Tataupatinamus

Der Tataupatinamu (Crypturellus tataupa), Syn. Tinamus tataupa ist eine Vogelart aus der Familie der Steißhühner (Tinamidae).[1][2]

Der Vogel kommt im östlichen Drittel Südamerikas vor, aber auch angrenzend in Peru, und Bolivien in trockenen tropischen und subtropischen Regionen.

Der Lebensraum umfasst Unterwuchs feuchter Sekundärwald, Mischwald, auch offenere Flächen mit dichtem Bewuchs, Waldränder von 200–1300 m Höhe.[3][4]

Merkmale

Die Art ist 23–27 cm groß und wiegt 169–229 (Männchen) beziehungsweise 189–298 g (Weibchen). Dieser Tinamu ist auf der Oberseite dunkelbraun, die Unterseite heller, grau mit weißer Kehle. Der Schnabel ist vergleichsweise lang und gebogen und erinnert etwas an Rallen. Kopf und Nacken sind schiefergrau, an der Stirn am dunkelsten, an den Kopfseiten etwas heller, an Kinn und Kehle grau. Scheitel und hinterer Nacken können etwas bräunlich tingiert sein, das Grau geht über den Rücken in ein warmes schokoladebraunen über, am hellsten am Bürzel und den Oberschwanzdecken. Die Brust ist bläulich-grau bis grau, an den Seiten blasser mit kräftig geschuppter Zeichnung an den Flanken mit schwarzen Federn mit weißen Rändern, die Unterschwanzdecken sind hell gelbbraun bis weißlich. Die Federn hier tragen ein breites schwärzliches Dreieck mit ein oder zwei schwarzen schmalen Linien begrenzt. Die Iris ist rötlich-braun bis schwärzlich, der Schnabel rosa bis orangerot, die Spitze ist oft heller. Die Beine sind grau bis purpur- oder rosafarben. Das Weibchen ist etwas größer, unterscheidet sich ansonsten nicht. Jungvögel sind matter gefärbt und haben kleine schwärzliche Subterminalbinden und weiße Spitzen an den Flügeldecken.

Die Art ähnelt dem Kleinschnabeltinamu (C. parvirostris), der aber etwas größer ist, einen hellroten und längeren Schnabel sowie dunkel-purpurfarbene Beine hat. Ähnlichkeit besteht auch mit dem Goldschnabel-Sumpfhuhn (Mustelirallus erythrops), der ist aber blasser braun und hat einen dickeren zweifarbigen Schnabel.[3][4]

Geografische Variation

Es werden folgende Unterarten anerkannt:[1][3][3][5]

  • C. t. tataupa (Temminck, 1815)[6], Nominatform, – Ostbolivien, Südbrasilien, Nordargentinien und Paraguay
  • C. t. inops (Bangs & Noble, 1918)[7], – Nordwesten Perus (Marañón-Tal), weniger weinrot oben, Unterseite blasser
  • C. t. peruvianus (Cory, 1915)[8], – West- und Zentralperu Río Chanchamayo in der Region Junín, etwas dunkler und mehr rotbraun an der Oberseite
  • C. t. lepidotus (Swainson, 1837)[9], – Nordostbrasilien, Bahia, Ceará, Piauí, Pernambuco und Maranhão, heller, matter gefärbte Oberseite, hellgrauer Kopf und hellere Unterseite

Stimme

Der überwiegend morgens zu hörende Gesang wird als Folge schneller, abfallender Triller zum Ende zu schneller werdend oder als Folge von 3–4 kurzen Trillern wie „swtt, sweet switt swutt“ beschrieben oder als längere Folge „prr prr prr prr prr prrrr“, deutlich lauter als der Kleinschnabeltinamu (C. parvirostris). Der Ruf ist ein plötzliches „Brrree, bree-bre-br-b“ und erinnert an eine Trillerpfeife.[3][4]

Ei, Sammlung Museum Wiesbaden

Lebensweise

Die Art ist vermutlich ein Standvogel. Die Nahrung besteht aus Ameisen, kleinen Schnecken, Pflanzensamen und anderem pflanzlichen Material. Gesucht wird meist paarweise auf dem Boden. Die Brutzeit liegt zwischen Juli und April in Brasilien. Das Nest ist eine flache Mulde auf dem Boden. Das Gelege besteht aus 4–5 oliv-grauen bis blass schokoladebraunen Eiern mit etwas Pink. Gebrütet wird über 19 Tage.[3]

Etymologie und Forschungsgeschichte

Die Erstbeschreibung des Tataupatinamu erfolgte 1815 durch Coenraad Jacob Temminck unter dem wissenschaftlichen Namen Tinamus tataupa. Als Verbreitungsgebiet gab er Paraguay an, basierend auf Ynambús del tatáupá[10] von Félix de Azara.[6] 1914 führten Wyndham Wentworth Knatchbull-Hugessen, 3. Baron Brabourne und Charles Chubb die neue Gattung Crypturellus ein.[11][A 1] Dieser Begriff ist der Diminutiv von Crypturus Illiger, 1811 für Tinamu und leitet sich aus κρυπτός kryptos für versteckt und οὐρά oura für Schwanz ab.[12][13] Der Artname tataupa stammt vom Guaraní Wort Ihnambú tataupá ab, was in etwa Feuerherrin Tinamou übersetzt werden kann. Das könnte vom roten Schnabel abstammen, der aussieht wie wenn er Feuer schluckt. Azara nannte den Vogel Ynambú tatáupá und vermutete das der Name Herd Tinamou daher abgeleitet werden könnte, da er sich im Dickicht nahe von Landgütern und Bauernhöfen aufhält.[14] Peruvianus bezieht sich auf Peru.[8] Inops hat seinen Ursprung in lateinisch inops, inopis ‚hilflos, schwach, gemein, arm‘[15], lepidotus in λεπίς, λεπίδος, λεπω lepis, lepidos, lepō, deutsch ‚schuppen, abblättern, abschälen‘.[16] Alfred Laubmann hatte für sein Werk Die Vögel von Paraguay einen Balg, gesammelt von Michael Mathias Kiefer (1902–1980) in Nueva Germania, zur Verfügung. Aus Cambyretá und dem Oberlauf des Río Paraná hatte er zusätzlich von Adolf Neunteufel (1909–1979) zwei relativ neuen Bälge zur Analyse bekommen. In der Literatur fand er viele Nachweise für das Land, so z. B. am Río Pilcomayo durch Hans Hermann Carl Ludwig von Berlepsch[17], in der Colonia von Pedro Risso durch Tommaso Salvadori[18], in Sapucai durch Charles Chubb.[19], in Paso Yuvay durch Roberto Dabbene[20], im Departamento Alto Paraná[21] durch Arnaldo de Winkelried Bertoni und am Río Negro durch Elise Naumburg.[22] Über Unterschiede zum Kleinschnabeltinamu verwies er auf einen Artikel von Hans Krieg (1888–1970) und Eugen Josef Robert Schuhmacher (1906–1973)[23], der diese schön herausarbeitete.[24]

Gefährdungssituation

Der Bestand gilt als „nicht gefährdet“ (Least Concern).

Literatur

  • Félix de Azara: Apuntamientos para la historia natural de los páxaros del Paragüay y Rio de la Plata. Band 3. Impr. de la viuda de Ibarra, Madrid 1805 (biodiversitylibrary.org).
  • Outram Bangs, Gladwyn Kingsley Noble: List of Birds Collected on the Harvard Peruvian Expedition of 1916. In: The Auk. Band 35, Nr. 4, 1918, S. 442–463 (unm.edu [PDF; 959 kB]).
  • Hans Hermann Carl Ludwig von Berlepsch: Systematisches Verzeichniss der von Herrn Ricardo Rohde in Paraguay gesammelten Vögel. In: Journal für Ornithologie (= 4. Band 15). Nr. 177, 1887, S. 1–37 (biodiversitylibrary.org).
  • Arnaldo de Winkelried Bertoni in Mosè Giacomo Bertoni: Fauna paraguaya. Catálogos sistemáticos de los vertebrados del Paraguay : peces, batracios, reptiles, aves, y mamíferos conocidos hasta 1913. In: Descripcion fisica y economica del Paraguay. Band 59, Nr. 1. Establecimiento Gráfico M. Brossa, Asunción 1914, S. 1–86 (google.de).
  • Charles Chubb: On the Birds of Paraguay. In: The Ibis (= 9. Band 4). Nr. 13, 1910, S. 53–78 (biodiversitylibrary.org).
  • Charles Barney Cory: Descriptions of new birds from South America and adjacent islands. In: Field Museum of Natural History Publication 182 (= Ornithological Series. Band 1). Nr. 8, 1915, S. 293–302 (biodiversitylibrary.org).
  • Roberto Raúl Dabbene: Contribucion a la Ornitología del Paraguay - Notas sobre las aves colectadas en Vila Rica por el Señor Félix Posner. In: Anales del Museo Nacional de Historia Natural de Buenos Aires. Band 23, 1912, S. 283–390 (biodiversitylibrary.org).
  • Wyndham Wentworth Knatchbull-Hugessen, 3. Baron Brabourne, Charles Chubb: Key to the species of the genus Crypturus, with descriptions of some new forms. In: The Annals and magazine of natural history; zoology, botany, and geology being a continuation of the Annals combined with Loudon and Charlesworth's Magazine of Natural History (= 8. Band 14). Nr. 82, 1914, S. 319–322 (biodiversitylibrary.org).
  • Hans Krieg, Eugen Schuhmacher: Beobachtungen an südamerikanischen Wildhühnern. In: Verhandlungen der Ornithologischen Gesellschaft in Bayern. Band 21, Nr. 3, 1936, S. 1–18 (zobodat.at [PDF]).
  • Alfred Laubmann: Die Vögel von Paraguay. Band 1. Strecker und Schröder, Stuttgart 1939, S. 118 (google.de).
  • Elsie Margaret Binger Naumburg: The birds of Matto Grosso, Brazil. A report on the birds secured by the Roosevelt-Rondon Expedition. In: Bulletin of the American Museum of Natural History. Band 60, 1930, S. i-vii, 1–432 (amnh.org).
  • Tommaso Salvadori: Viaggio del dottor Alfredo Borelli nella Repubblica Argentina e nel Paraguay, XVI. Uccelli raccolti nel Paraguay, nel Matto Grosso, nel Tacuman e nella Provincia di Salta. In: Bolletino della Società dei Musei di Zoologia ed Anatomia comparata della R. Università di Torino. Band 10, Nr. 208, 1895, S. 1–24 (italienisch, biodiversitylibrary.org).
  • William Swainson: On the natural history and classification of birds. Band 2. John Taylor, London 1837 (biodiversitylibrary.org).
  • Coenraad Jacob Temminck: Histoire naturelle générale des pigeons et des gallinacés. Band 3. J.C. Sepp & fils, G. Defus, Amsterdam. Paris 1815 (biodiversitylibrary.org).
Commons: Tataupatinamu – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Tataupatinamu, in Avibase – Die Weltvogel-Datenbank. Abgerufen am 17. Januar 2025.
  2. P. H. Barthel, C. Barthel, E. Bezzel, P. Eckhoff, R. van den Elzen, Ch. Hinkelmann & F. D. Steinheimer: Die Vögel der Erde - Arten, Unterarten, Verbreitung und deutsche Namen, 3. ergänzte Auflage, 2022, PDF
  3. a b c d e f J. Cabot, D. A. Christie, F. Jutglar und C. J. Sharpe: Tataupa Tinamou (Crypturellus tataupa), version 1.0. In: J. del Hoyo, A. Elliott, J. Sargatal, D. A. Christie nd E. de Juana (Herausgeber): Birds of the World, 2020, Cornell Lab of Ornithology, Ithaca, NY, USA, Crypturellus tataupa
  4. a b c T. S. Schulenberg, D. F. Stotz, D. F. Lane, J. P. O'Neill, and T. A. Parker III: Birds of Peru. Princeton Field Guides, Revised and Updated Edition, 2010, ISBN 978-0-691-13023-1.
  5. IOC World Bird List v15.1 Ratites: Ostriches to tinamous
  6. a b Coenraad Jacob Temminck (1815), S. 590–593 & 752.
  7. Outram Bangs u. a. (1918), S. 445.
  8. a b Charles Barney Cory (1915), S. 293.
  9. William Swainson (1837), S. 345.
  10. Félix de Azara (1805), S. 48–51.
  11. Wyndham Wentworth Knatchbull-Hugessen, 3. Baron Brabourne u. a. (1914), S. 322
  12. Crypturellus in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  13. Crypturus in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  14. tataupa in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  15. inops in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  16. lepidotus in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  17. Hans Hermann Carl Ludwig von Berlepsch (1887), S. 37.
  18. Tommaso Salvadori (1895), S. 24
  19. Charles Chubb (1910), S. 55
  20. Roberto Raúl Dabbene (1912), S. 285
  21. Arnaldo de Winkelried Bertoni (1914), S. 35.
  22. Elsie Margaret Binger Naumburg (1930), S. 58.
  23. Hans Krieg u. a. (1936), S. 6–8.
  24. Alfred Laubmann (1939), S. 117.

Anmerkungen

  1. Knatchbull-Hugessen und Chubb ordnete der Gattung u. a. das Tataupatinamu und das Kleinschnabeltinamu zu.